Abwehrverhalten: Kein Tor kassieren ist nicht alles
Wie oft hört man „Hau den Ball weg!“ oder ähnliche Rufe verzweifelter Trainer. Wie oft loben oder applaudieren, Zuschauer oder Mitspieler, wenn ein verteidigender Spieler eben dies mehr oder minder erfolgreich gemacht hat ? Wie oft ertappen wir Trainer uns dabei das selber zu denken, rufen oder loben ?
Auf alle diese Fragen gibt es eine relativ einfache und eindeutige Antwort: Zu oft.
Ich verfolge mit meinen Mannschaften das Ziel, den Ball nicht nur aus der Gefahrenzone bugsieren zulassen, sondern ihn für eigene Offensivaktionen zu gewinnen. Wir wollen nicht einfach nur Torschüsse verhindern, sondern sofort damit beginnen können, selber welche zu erspielen.
Unstrittig ist, dass der Ball in Bedrägnis in torgefährlicher Position – wobei die Definition hierbei von rote Zone, über Strafraum bis hin zu aussichtsreicher Entfernung bei jedem Trainer woanders liegt – erstmal vom Tor fern gehalten werden muss. Das darf in so einer Situation gerne mal auf Kosten eines Einwurfs, Eckballs oder unktontrollierten (langen) Balles sein.
Aber – und das sollten wir unseren Spielern von Klein auf vermitteln – grundsätzlich und so oft wie möglich wollen wir den Ball vom Gegner erobern. Der Vorteil ist offensichtlich, denn wenn wir den Ball haben, sind wir in der Lage ein Tor zu machen. Bei beiden Varianten wird im Optimalfall ein Gegentor verhindert, beim letzteren ist das Problem aber nicht nur kurzfristig aufgeschoben, weil mit Eckball, Einwurf oder nächster Angriffswelle die gleiche Situation sofort wieder droht, sondern wir haben selber in der Hand das Spiel zu machen oder gar zu bestimmen.
Als Mittel zur Balleroberung gibt es neben dem klar zu bevorzugenden – aber nur selten leichten – Ablaufen, noch das Doppeln (gehört klar in die D- und C-Jugend-Trainingsinhalte), das Blocken (sehr zufällige und eher geringe Balleroberungsquote) und das Tackling. Alle Varianten sind probat, wobei es immer hilft, wenn man nicht wie bei einem Tackling nach einem erfolglosen Versuch „aus dem Spiel ist“.
Um die Spieler dazu zu bringen die Bälle zu erobern und nicht nur zu „klären“, müssen wir Trainer dies im Training und Spiel immer wieder einfordern. Im Training sollte man es zudem bei Übungen immer mal wieder zur Pflicht (für einen Punktgewinn) machen oder zumindest mit Bonuspunkten bedenken.
Egal in welcher Spiel- oder Altersklasse sollte die Balleroberung so dringend wie möglich als Ziel für defensive Aktionen ausgerufen werden. Selbst schwächere Spieler sollten das Erlernen und versuchen. Nicht selten fällt ihnen das sogar leichter.