Manchmal ist weniger mehr
Die Überschrift gilt meiner Ansicht nach in vielen Bereichen des Lebens, also auch für den Fußball. Manchmal ist es besser weniger zu trainieren, anstatt ein Trainingslager nach dem anderen anzusetzen. Manchmal ist es besser weniger Spiele oder Turniere zu planen, damit die Jungs heiß bleiben und nicht „überspielt“ werden, und noch Zeit für Familie, Freizeit, Freunde und Schule haben. Manchmal ist es besser weniger Inhalte in eine Trainingseinheit packen zu wollen, um die Lernziele auch erreichen zu können.
Mit diesem Beitrag möchte ich aber auf einen anderen Aspekt des Fußballs eingehen…
Anfangs hatte ich das Gefühl ein „ewig Gestriger“ zu sein, und das deckt sich sonst gar nicht mit dem, wie ich über mich denke. Dann habe ich geglaubt es läge daran, dass mir die Zeit fehlen würde es zu genießen. Bis vor kurzem erklärte ich es mir dann damit, dass ich ja selber 3 mal pro Woche auf dem Platz zum Training war, und dazu noch jede Menge Spiele und Turniere hatte.
Mittlerweile weiß ich aber, dass es mir einfach zu viel ist, was an Fußball im Fernsehen angeboten wird. Dabei habe ich noch nicht mal Fußball-Bezahlfernsehen oder eine Stammkneipe in die ich zum Fußballschauen gehen würde.
Früher – alleine bei dem Wort fühle ich mich schon ungerechtfertigt „retro“ – spielte die 1.Bundesliga samstags um 15:30 Uhr. Dann wurde nach und nach das Fußball-Wochenende mit 1. und 2.Bundesliga von Freitag bis Montag gestreckt. Mit den internationalen Wettbewerben, Testspielen, Länderspielen, Junioren-Wettbewerben, kann man so jeden Tag live Fußball schauen; Von Konserven-Kost mal ganz abgesehen.
Hinzu kommt die künstliche Schaffung von Spielen, um etwas vermarkten zu können. Wer braucht denn einen Supercup in Liga-Form ? Wer will Relegationsspiele haben ? Wieso spielen in der Champions League nicht mehr nur die Landesmeister ? Ich finde man merkt immer mehr, dass es dabei nur ums Geld geht und nicht um den Fußball. Man kann sich natürlich scheinheilig dahinter verstecken, das man das alles nur gemacht hat, um den Fußball-Fans MEHR zu bieten, aber wer glaubt das schon.
Jetzt könnte man sagen, die Verein brauchen aber das Geld. Doch da frage ich mich: Muss ein Fußballprofi mehrere Millionen im Jahr verdienen ? Machen die utopischen Ablösesummen und Gehälter einen Sinn ?
Für mich ist das einfach zu viel. Ich habe gar keine Lust Prioritäten zu setzen, was ich denn davon sehen würde. Vermutlich würde ich mich bei jedem Spiel wohlfühlen, weil es Fußball ist. Egal wie langweilig das Spiel ist, würde ich bestimmt Dinge finden, die ich interessant finde, die mich unterhalten, oder – weil ich ja einer bin – als Trainer weiterbringen. Aber es ist mir einfach zu viel, ich habe also aufgegeben überhaupt zu schauen, was denn wann läuft.
Klar WM, EM und wenn man beim Zappen mal hängen bleibt, da schaue ich natürlich zu. Bei den „großen“ Turnieren sogar so viele Spiele wie es geht, egal wer auch immer spielt.
Ich glaube aber, dass ich mehr Fußball schauen würde, wenn es weniger gäbe. Damit bin ich bestimmt kein Exot, auch wenn es mindestens genauso viele geben wird, die eben dadurch sehr viel Fußball schauen, oder sogar gerne noch mehr sehen würde.
Mir hat dieses Überangebot die Lust auf Fußball im Fernsehen genommen, oder sie zumindest sehr stark eingeschränkt. Zum Glück habe ich noch den realen Fußball, denn ich als Trainer genießen kann. Dabei stelle ich dann oftmals fest, dass der an guten Tagen auch qualitativ besser, unterhaltsamer und ehrlicher ist. – Ist das vielleicht das Gute am vermeintlich schlechten „zu viel Fußball im Fernsehen“ ?
Jens Eilenberg
Der Presse habe ich entnommen, das Uwe Seeler diesen Beitrag gelesen hatte… 😉